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Donnerstag, 18. Februar 2016

FAT WHITE FAMILY / Songs for our Mothers

Am 8. Mai ist Muttertag. Auch wenn sich der Titel der neuen Platte "Songs for our Mothers" von Fat White Family so anhört, dürfte es auf diesem Planeten nur sehr wenige Mütter geben, denen man zu diesem Muttergedenktag die ganz in schwarz gehüllte Scheibe auf den Gabentisch legen könnte. 

Keine Angst Mama, ich behalte die Scheibe ;-).


Machte die Fat White Family aus Großbritannien - welch wunderbarer Bandname - auf dem Erstling "Champagne Holocaust" aus dem Jahr 2013 noch bösen provokanten LoFi-GaragePunkRock, der herrlich in der Aufforderung gipfelte, Disneyland in Schutt und Asche zu legen, ("Bomb Disneyland") schaltet das Sextett nun einige Gänge zurück und setzt auf deutlich ruhiger, seltsam groovige und verdammt dunkle Klänge. Aber keine Angst, provokant und hässlich bleiben die in Wahrheit gar nicht fetten Herren weiterhin, was bei der Düster-LoFi-Abschiedsballade "Gooybye Goebbels" schon der Titel verrät.

Auf ihren wohl legendär widerlichen Live-Performance-Shows, die ich leider noch nicht sehen konnte, sind die giftigspritzenden Alptraum-Schwiegersöhne schon einzigartig und es scheint so, als ob es der Fat White Family mit "Songs for our Mothers" gelingt auch ihr musikalisches Profil in Richtung Unverwechelbarkeit zu schärfen. Sänger und Songschreiber Lias Saoudi und Gitarrist/Co-Songschreiber Saul Adamczewski, den Oberchaoten der Familie, gelingt es jedenfalls mit dem neuen Songmaterial es mir verdammt schwer zu machen, irgendwelche Querverweise zu anderen Künstlern aus dem Rock 'n' Roll-Zirkus herzustellen.



ABER ein Künstler, wenn auch von der schreibenden Zunft, klopft kontinuierlich an die Türe meines Kammerstübchens, wenn ich den dicken weißen fetten Jungs lausche. Vielleicht ahnt es der ein oder andere, es handelt sich um Provokateur und Romantiker Monsieur Michel Houellebecq.

Ähnlich wie beim französischen Romancier legt die Fat White Family den (Zeige-)Finger konsequent immer genau dorthin, wo es wehtut - egal ob der Finger dann stinkt, brennt oder zur Strafe abgehackt wird. Wie gut man diese Strategie der politischen Provokation findet, sollte keine Frage sein, es liegt aber wie so oft im Auge - hier auch im Ohr - des Betrachters, ob Grenzen zu recht, zu unrecht oder unnötigerweise überschritten werden.



Musikalisch spannend ist es aber auf jeden Fall, wenn die fetten Jungs hektisch flirrenden KrautRock mit Disco verpaaren ("Whitest Boy on the Beach", "Tinfoil Deathstar"), FreeJazz-Klänge auf tiefe Electro-Bassläufe knallen ("Satisfied"), mit verschleppten Tempis eine Art futuristische Trauermarschmusik erschaffen ("Love Is the Crack", "We Must Learn to Rise"), tiefdunkle chorale Klänge zelebrieren ("Duce"), fluffige Italo-Western-Melodien klingen lassen als ständen diese unter einer Überdosis Schlafmittel ("Lebensraum", "When Shipman Decides"), zwangsgedrosselten DiscoFunk & Psychedelic verschmelzen ("Hits Hits Hits") oder auf der akustischen Klampfe Herrn Goebbels mit schwer alkoholgeschädigter Stimme ein Abschiedsliedchen trällern ("Goodbye Goebbels").




Tracklist:
01 Whitest Boy on the Beach
02 Satisfied
03 Love Is the Crack
04 Duce
05 Lebensraum
06 Hits Hits Hits
07 Tinfoil Deathstar
08 When Shipman Decides
09 We Must Learn to Rise
10 Goodbye Goebbels

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