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Sonntag, 24. April 2016

NINO AUS WIEN / Adria

Das Lieblingsmeer vom NINO AUS WIEN ist die Adria, nicht der Pazifik, der ist ihm nach eigener Aussage zu hell. Ninos neues Album, ein Mini-Album mit sechs Songs, heißt deswegen "Adria" und weil er die Stücke alle von August bis Januar an eben dieser Küste geschrieben hat.


Was der frisch mit dem Amadeus Austrian Music Award (Kategorie Alternative Pop/Rock) Ausgezeichnete bietet, ist wie auf seinen acht vorher veröffentlichen Langspielplatten feinster Singer/Songwriter FolkPop mit witzigen, charmant lebensnahen und jede Menge Wiener Lokalkolorit geschmückten Texten.

Da sich in letzter Zeit aufgrund seiner letzten Erfolge mit den gleichzeitig veröffentlichen Alben "Bäume" und "Träume" sein Bekannten- und Freundeskreis sicher deutlich erweiterte, lies es sich der Nino dieses Mal auch nicht nehmen, ein paar Freunde zum Musizieren zu bitten:

Es geben sich die Ehre: An der Gitarre der Herr Molden, mit dem Nino im letzten Jahr das empfehlenswerte Coverversionen-Album "Unser Österreich" aufnahm. Wanda-Produzent Paul Gallister spielte anscheinend alles, was ihm in die Hände fiel: Orgel, Harmonium, Cembalo, Klavier, Tamburin, Shaker und Bass. Sir Tralala strich die Geige und lieh seine Stimme dem Chorgesang und Lukas Lauermann bespielte das Cello.

Die musikalische Reise ans Meer beginnt mit einem verschleppten Polka-Rhythmus und einem Mädchen namens "Natalie", das stundenlang am Hafen wartet. Geradezu einen 70-Jahre-Schlager-Hymnen-Refrain Marke Udo Jürgens präsentiert Nino bei "Überall das Meer". Ja, der 2014 verstorbene Schlagerbarde aus Österreich kann durchaus als musikalisches Vorbild agieren. Aber es wäre nicht Nino, wenn im Song nicht noch genug Schlenker, z. B. ein kleines psychedelisches Intermezzo versteckt wären, die dafür sorgen, dass offensichtliche Plattitüden und Peinlichkeiten ausbleiben.

Mein momentaner Favorit auf "Adria" ist die melancholische Ballade "Winter im April". Ninos Wehklagen über vergangene Zeiten und den Lauf der Welt ist ergreifend und die Streichersequenz könnte in schwachen Momenten glatt dazuführen, dass Taschentücher gezückt werden müssen - besser aber ist es mit einem guten Freund ein, zwei oder drei Fläschchen Bier zu leeren und Zeilen wie "Das Leben wird vom Leben stets gekillt" zu lauschen.


Das "Praterlied" ist ein fröhlicher und witziger Einblick in das Leben des Ninos aus Wien. So wie sich das anhört, ist der Nino mit seinem Leben im Moment ziemlich zufrieden. Toi, toi, toi, dass das so weiter geht und Nino unsereins weiterhin mit seinen einzigartigen Songs beglückt. Wobei ich mir sicher bin, dass Nino auch bei schlechterer Gefühlslage großartige Lieder schreibt.



Balladesk wird es dann wieder bei "Der Mai ist vorbei". Ein Mann kämpft mit dem Schicksal einer verlorenen Liebe. Feiner Gitarren-Solo-Part - very feines Stück, wie man hier zu sagen pflegt.

Den Abschluss der EP bildet der Song "Adria", ein auf Dissonanzen aufgebautes minimalistisches und doch vielschichtiges klingendes Liebeslied, dem man durchaus einen psychedelischen Touch attestieren darf.

Wer mit "Adria" zum ersten Mal in das unbekannte Ninoversum vorstößt, dem sei versichert, es dauert ein wenig bis man sich zurecht findet, aber wenn man sich dann zurechtgefunden hat, will man den Nino aus Wien nicht mehr missen. Dann empfiehlt es sich, besonders für Vinyl-Junkies, die liebevoll zusammengestellte Doppel-LP "Immer noch besser als Spinat" zu erwerben, die als eine Art Best-of-Nino fungiert und mit der beigelegten CD "Home Recordings" auch noch frühe Werke, aufgenommen im Wiener Stadtteil Hirschstetten, als Bonus-Material enthält.



Tracklist:
01 Natalie

02 Überall das Meer
03 Winter im April
04 Praterlied
05 Der Mai ist vorbei
06 Adria

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