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Samstag, 18. März 2017

CAR SEAT HEADREST live im Gebäude 9

Location: Gebäude 9, Köln
Support: TRAAAMS
Date: 16.03.2017

 

Donnerstage sind per se mit einem Hoffnungsschimmer belegt, da das Wochenende in Reichweite scheint. Insofern sind Donnerstage auszuhalten und tausendmal besser als wochenanfangs- nervende Montage. 

Es ist Donnerstag der 16. März 2017. Die Sonne schien den ganzen Tag, nicht nur frühlingshaft, sondern gar sommerlich war mir bei Temperaturen an der 20 Grad-Grenze zumute, als ich mich mit meinem treuen Konzert- begleiter C. auf den Weg ins Gebäude 9 mache um die im letzten Jahr zu recht ihren Durchbruch feiernden CAR SEAT HEADREST aus Seattle zu erleben.

Ich bin voller Vorfreude, ganz besonders weil ich mir auch von der Vorbands TRAAMS aus Chichester in England viel verspreche, aber auch irgendwie unruhig, weil es für meine Königsblauen an diesem Donnertag um den Einzug ins Europapokal-Viertelfinale geht und ich das Spiel, welches in dieser Kleinstadt am Niederrhein stattfindet, nicht live verfolgen kann.

Am G9 treffen wir auf die unverwüstliche V., Vollegrante Ehrenfeld mit Freundin und eine Freundin meinerseits die sich kurzfristig auch entschlossen hat mitzugehen.  Leider hat sie noch kein Ticket und zu meinem Erstaunen ist das Konzert jetzt doch ausverkauft, sodass es heißt, jetzt erst mal ein kühles Beck an Land ziehen und dann versuchen ein Ticket zu fangen.

Sonst nerven einen die Tickethändler bei jedem Konzert, aber heute, wo man sie braucht, scheinen die Herren vom Erdboden verschluckt. Aber die Hoffnung stirbt zuletzt und es ist ja schließlich Donnerstag!

Alles wird gut, Ticket in der Tasche, rein ins G9. Der erste Blick gilt dem Merchandise-Stand, wo ich erstaunt feststelle, dass Car Seat Headrest doch tatsächlich nur ihre aktuelles Album "Teens of Denial" auf Vinyl mitgebracht haben. Wieso das denn? F***! Der Tisch der TRAAMS ist deutlich besser gefüllt! Drei Longplayer auf Vinyl und eine 7-Inch. Also doch Donnerstag und alles wird gut.

Los gehts! Die TRAAMS machen von der ersten Minute an Alarm. Für eine Band, die sich 2011 aus Langeweile gegründet hat, weil es in dem Kaff in dem sie leben nur ein sehr limitiertes ödes Nachtleben gab, der richtige Ansatz. Langweile kommt beim Gig von Leadsänger und Gitarrist Stu Hopkins, Bassist Leigh Padley und Schlagzeuger Adam Stock - gibt es einen besseren Namen für einen Drummer? - definitiv nicht auf. Toll, was aus Langweile entstehen kann!

Zwar ist Hopkins nicht gerade ein begnadeter Sänger, aber die entweder mit nonchalanter Lakonie oder glaubwürdiger Aggressivität vorgetragenen Songs zünden vor allem durch den Ideenreichtum des Gitarrenspiels und den flächigen Breitwandsound. Das klingt dann manchmal nach dem Drone-Sound des Moon Duos aka Wooden Shjips, mal nach Krautrrock und stellenweise sogar ansatzweise nach The Mars Volta.

Leicht memorierbare Hits, wie auf der aktuellen Platte des noch kommenden Hauptact, sind nicht die Sache des Trios. Das Songwriting ist zwar gut, je öfter man beispielsweise den Song "Costner" hört, desto mehr zündet er, aber nicht exzellent. Die Melodie steht nicht im Vordergrund, sondern die atmosphärische Dichte und die unbändige Energie mit der die Drei live vollends überzeugen.

An diesem Donnerstagabend ist, neben dem Song "Costner", die Nummer "A House on Fire" das absolute Highlight. Kein Hit für den Mainstream, aber wer es liebt, wenn in der Indie-Disco schwitzende Körper Energie freisetzen, der wird der über 8 Minuten langen Nummer gnadenlos verfallen. Leider ist der Song nicht auf der aktuellen Platte enthalten, sondern nur als limitierte und nicht mehr erhältliche 7-Inch-Single erschienen, aber nach dem Konzert spreche ich mit Sänger Hopkins und er verspricht, dass das Stück auf dem nächsten Longplayer, der leider erst im Frühjahr 2018 erscheint, ein wohlverdientes Plätzchen findet.



Großartige Vorband, aber schlechte Nachrichten aus dem Ballsport: Die komische Truppe vom Niederrhein führt mit 1:0 gegen die königsblauen Schalker. Hole mir ein Frustbierchen und hoffe noch immer das ALLES gut wird.

CAR SEAT HEADREST-Schlagzeuger Andrew Katz setzt sich ans Schlagzeug und beginnt meditativ die Becken seiner Bude zu bearbeiten. Gitarrist Ethan Ives und Bassist Seth Dlaby, in einem Death from Above-T-Shirt gewandet, gesellen sich dazu und beginnen ihr Werk. Es wird erkennbar, dass "Vincent" der Opener des heutigen Abends wird. Mastermind Will Toledo entert unter großem Applaus die Bühne und "Vincent" nimmt Fahrt auf.



Es scheint so, als wollte die Band sich direkt die Hits vom Leib spielen, denn der nächste Song ist "Fill in the Bank", der IndieRock-Kracher vom "Teens of Denial"-Album. Und dann passiert etwas, womit ich NIE gerechnet hätte!

Das Publikum singt mit! Nicht nur den Refrain! Verdammt, noch vor wenigen Wochen hatte ich den treuen Konzertbegleiter C. damit veräppelt, das auf dem Konzert von Die höchste Eisenbahn wahrscheinlich alle ganz beseelt mitsingen würden und mit das eindeutig zu viel Gefühlsduselei wäre. Und jetzt das! Eine überschaubare Anzahl Pogo-Tänzer und eine riesige Menge Mitsinger. Fühle mich wie bei einem Stadionkonzert der Kings of Leon. Ein Blick auf das Smartphone lässt meine Donnerstagshoffnung schmelzen wie Butter in der Sonne. 2:0 für die kleine Pferdebande aus Mönchengladbach.



Ach, die Hoffnung stirbt zuletzt und die Band spielt die Songs live knackig und gut, wenn ihnen auch etwas die Durchschlagskraft fehlt, welche die Traams demonstriert haben, dafür haben Car Seat Headrest aber die besseren Melodien. Was aber nicht wundert, wenn man weiß, das Will Toledo seit 2010 wahrscheinlich nichts anderes mehr macht als Songs zu schreiben. Anders kann eine Diskografie in 7 Jahren mit 10 Alben ja wohl nicht hinhauen.

Der seltsame Bandname stammt übrigens angeblich daher, dass Toledo die Lyrics für die seine ersten Alben immer auf dem Rücksitz seines Autos geschrieben hat. Und was hatte er da immer im Blick. Richtig, die Kopfstütze ;-)

Nächster Song "Maud Gone" vom Vorgängeralbum "Teens of Style". Leider fehlt die besoffene Orgel und somit das auffälligste Merkmal des Songs, der deswegen etwas dahin plätschert. Vielleicht für die Liveauftritte doch noch einen Musiker beschäftigen, ein Bläser in "Vincent" wäre auch schön gewesen.

Zurück aufs Gaspedal mit "Destroyed by Hippie Power". Hier passt alles, kommt live ziemlich fett und der nölige Gesang von Toledo lässt mich an Herrn Mascis denken.

Anschließend nimmt sich das Mastermind eine kurze Gesangspause und übergibt an Gitarrist Ethan Ives, der seinem Aussehen nach eigentlich einen Ramones-Song covern müsste, aber einen Pixies-Song darbietet. "Motorway to Rosell" ist nicht der beste Pixies-Song und Ethan Ives nicht der beste Sänger. Kann man machen, muss man aber nicht.

Der Halbzeitstand ist 2:0. Ganz nüchtern bin ich nicht mehr, da passt der Song "Sober to Death" nicht ganz, aber das schrammelige melancholische Frühwerk aus dem Jahr 2011 hat durchaus seinen Reiz.

Es blubbert der Anfangsbeat von "Something Soon" und die Mitsinger sind wieder alle mit an Bord. Was läuft hier heute eigentlich schief? Hat die Band eine so große Teenie-Fanbase? Und Drummer Andrew Katz bedankt sich tatsächlich auch noch für das Mitsingen. Jetzt Spaß beiseite, ist Mitsingen bei Konzerten in Ordnung? Nach dem Konzert führe ich mit C. darüber eine Diskussion und wir sind uns beide einig: NEIN! Refrain kann man mal, aber ganze Strophen never ever!

Aber das war noch gar nicht der Mitsinghöhepunkt, denn als Nächstes kommt das von mir heiß geliebte "Drunk Driver / Killer Whales" ... und die Fischer Chöre erwachen. Meine Herren, ich hätte es ahnen müssen als zu Beginn des Konzertes vor mir drei Teeniegirls, geschätzte 1,20 Meter groß, mit ebenso großen Rucksäcken auf den Schultern, meine Nerven strapazierten. Oh Donnerstag was ist nur aus dir geworden.



Es folgt das gefällige "1937 State Park" und dann das wirklich großartige "Famous Prophets (Minds)", das ebenso wie "Sober to Death" vom Album "Twin Fantasy" stammt. Fühle mich wieder besser und wage einen ängstlichen Blick auf das Handy: 2:2! Alles wird gut, auf Donnerstage ist in der Regel wohl doch verlass!



Als letzten Song gibt es dann noch das feine "Unforgiving Girl (She's not an)" vom aktuellen Album und dann ist leider schon Schluss, wenn man an das schier unendlich Songpotential der Band denkt, schon ein bisschen knauserig, aber ich will nicht klagen, denn insgesamt eine feines Konzertchen - inklusive Vorband.

Jetzt hätte ich auch gerne Schluss im Dorf im Niederrheinischen, aber es sind noch 6 Minuten und dann gibt es auch noch 4 Minuten Nachspielzeit. ABER ES IST DONNERSTAG UND ALLES WIRD GUT!

TschÖ Gladbach!



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