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Montag, 15. Januar 2018

OLD-Shit: THE DURUTTI COLUMN / Vini Reilly (1989)

HERZPLATTENREMEBER THAT OLD SHIT
Kategorie: PostPunk, Avantgarde
Veröffentlichung: 1989


Eigentlich stelle ich in dieser Rubrik ja Platten vor, die ich schon sehr lange kenne und schätze, aber mit "Vini Reilly" von THE DURUTTI COLUMN verhält es sich anders, denn bis vor kurzem hatte ich erstaunlicherweise noch nie von dieser Band gehört. Da ich annehme, dass es nicht Wenigen genauso geht, zur Einführung deshalb als erstes etwas über die Band, die sich 1978 in Manchester gründete und zu den ersten Acts gehörte, die vom legendären Factory Records Label, wo zu dieser Zeit auch Joy Divison ihre Heimat fand, gesignt wurde.

Die Geschichte beginnt 1976. Punk wütet in Großbritannien. 2 Jahre lang spielt eine Band namens Ed Banger and The Nosebleeds in der lokalen Punkszene in Manchester mit. An der Gitarre verdient sich ein junger Mann namens Vini Reilly erste Sporen. Kurzfristig an seiner Seite, ebenfalls an der Gitarre, ein gewisser Steven Morrissey, der mit seiner späteren Band The Smiths britische Popgeschichte schreiben sollte.

Nachdem Reilly bei den Nosebleeds von Billy Duffy (später bei The Cult) ersetzt wurde, lies er sich von Tony Wilson und Alan Erasmus, die im Januar 1978 das Label Factory Records gegründet hatten, für ein Bandprojekt namens The Durutti Column engagieren. Die Band sollte aus sechs Mitgliedern bestehen. Zusammen spielte man ein Konzert im Factory Club und nahm zwei Stücke für den Sampler "A Factory Sampler" auf, ehe man sich im Streit mit den beiden Factory-Bossen wieder trennte. Übrig blieb Reilly, der die Band zu seinem Soloprojekt machte und ab und an von Schlagzeuger Bruce Mitchell unterstützt wurde.

1980 erschien das Debütalbum "The Return Of The Durutti Column" in einem Cover aus Schleifpapier, an dessen Zusammenbau, so sagt die Legende, auch Bandmitglieder von Joy Division mitgeholfen haben sollen. Aber auch wenn sich Reilly selbst dem New Wave und Post Punk zuordnete, so klang die Musik von The Durutti Column doch ganz anders als die der anderen Bands des Genres. Meditative ruhige Stücke, meist instrumental und mit erkennbaren Einflüssen aus Jazz, Folk und klassischer Musik.



Über Jahrzehnte hinweg veröffentlicht Reilly nun kontinuierlich, immer unter dem Namen The Durutti Column, Platten, auf denen er immer wieder mit anderen Musikern zusammenarbeitet und seiner eigenwilligen Avantgarde-PostPunk-Philosophie neue Seite abgewinnt.

Aus seiner umfangreichen Diskographie sticht das 1989 erschienene Album "Vini Reilly" deswegen besonders heraus, weil Reilly sich auf diesem Album erstmals mit der damals immer interessanter werdenden Samplingtechnik beschäftigt. So beinhaltet das Album Samples von Otis Redding, Tracy Chapman, Annie Lennox und der Opernsängerin Joan Sutherland. Als Musiker mit an Bord sind dieses Mal Keyborder Andy Connel, der mit seiner Band den Swing Out Sister im SmoothJazz-Segment gerade Erfolge feierte, am Schlagzeug Bruce Mitchell und die Sänger/in Sola, Pol und Rob Gray.

Der Einstieg in das von Stephen Street produzierte Werk ist hochdramatisch, denn bei "Love No More" verpaart sich eine akustische Gitarre, die flamencoartige Töne erzeugt, mit Sampeln aus der Opern- und Soulmusik. Faszinierend - auch heute noch!



Von der ersten bis zur letzten Note erschafft "Vini Reilly" eine seltsame Schwerelosigkeit, die auf den Hörer berauschend und entspannend wirkt. Selbst wenn das Album etwas an Fahrt aufnimmt, wie etwa beim krautrockigen "Peoples Pleasure Park", bleibt der Sound vernebelt und geheimnisvoll  - man fühlt sich als wäre man sanft in unzählige Laken aus Watte gebettet.

Das über 9 Minuten lange "Finding The Sea" mit John Metcalfe an der Viola und Liu Sola als Sängerin, ist ein Musikstück, das man nur mit der Eigenschaft hypnotisch beschreiben kann und wie perfekt sich das Otis Reeding-Sample bei "Otis" mit Pols Live-Gesang, den schwebenden Keys, der Synthischleife und Reillys Gitarre verbindet, ist schlichtweg genial.



Wie stark dieses Album von spanischer Musik beeinflusst wurde, lässt sich am stärksten bei den Stücken "They Work Every Day" und "Homage To Catalonia" erkennen, wo Reilly erneut Elemente des Flamenco einsetzt.

Ursprünglich erschien das Album "Vini Reilly" mit 11 Songs und einer Flex-Disc als Beilagem auf der sich der Song "I Know Very Well How I Got My Note Wrong", den Reilly zusammen mit Morrissey unter dem Pseudonym Vincent Gerard & Steven Patrick (die Vornamen der beiden Künstler) aufgenommen hatte.



Spätere Neuveröffentlichungen des Albums auf CD enthielten zusätzliche bis dato unveröffentlichte Songs von The Durutti Column.

Gut zu wissen: Die Verbindung zwischen Morrissey und Reilly ist keine einmalige, denn wer spielt auf Morrisseys Solo-Debütalbum "Viva Hate" wohl die Gitarre?

Tracklist:
01 Love No More
02 Pol In G
03 Opera I
04 Peoples Pleasure Park
05 Finding The Sea
06 Otis
07 They Work Every Day
08 Opera II
09 Homage To Catalonia
10 Requiem Again
11 My Country

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