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Freitag, 17. Juni 2016

WHITNEY / Light Upon The Lake

Einige werden sicher die IndieRock Band Smith Westerns aus Chicago kennen und einige Wenige das in diesem Blog schön öfter vorgestellte Unknown Mortal Orchestra. Erstgenannte Band ist seit 2014 Geschichte, die zweitgenannte Band gibt es noch.  Gitarrist Max Kakacek, Ex-Smith Westerns und Schlagzeuger Julian Ehrlich, Ex-Member des Unknown Mortal Orchestras haben sich jetzt zusammengetan, um Songs zu schreiben und die Band WHITNEY zu gründen, die sich live um bis zu fünf weitere Musiker ausdehnt.


Wie es dazu kam? Die beiden Herren leben in einer Wohngemeinschaft. Beziehungen gingen in die Brüche und ein strenger kalter Winter zog über Chicago. Beste Voraussetzungen, um ein hochemotionales Album zu schreiben, das mit einem Song namens "No Woman" beginnt, die Karten schonungslos auf den Tisch legt, alle Emotionen in Töne kanalisiert und wahrscheinlich den verlorenen Angebeteten Tränen in die Augen treibt.

Kakacek und Ehrlich schrieben in dieser selbstgewählten Eremitage schlicht die besten Melodien ihres bisherigen etwas mehr als ein Vierteljahrundert währenden Lebens. Ihr fiktiver Partner beim Songschreiben ist Whitney, den sie als gut zwanzig Jahre älteren Herrn in ihren Köpfen zusammenzimmern und versuchen, die Dinge aus seiner Sicht anzugehen. Und voilà, schon hatte man auch einen Bandnamen.

Die Kopfakrobatik hat sich gelohnt! Ganz sanft wird man vom Einstiegssong ("No Woman") in die Platte hineingezogen. Warme Akkorde auf der akustischen Gitarre, eine falsettartige Stimme und wohltemperierte Bläser sorgen dafür, dass man den beiden zu liebe am liebsten auch sein Weib (respektive geht natürlich auch "seinen Mann") verlassen möchte, um gemeinsam ein Bier zu trinken.



Die Methode Folk & Country zu verschmelzen, bleibt als Konzept durchgehend auf dem Album bestehen, auch bei "The Falls", aber das Kräfteverhältnis verschiebt sich hier ein deutliches Stück in Richtung Soul. Ja, das Stück hat sogar einen sehr beschwingten Groove und dank der vielen kleinen spielerischen Raffinessen mausert sich "The Falls" immer mehr zum Dauerläufer in meiner Summer-Playlist. Noch mehr Soul bietet die von der Trompete geführte Instrumentalnummer "Red Moon"!

Wer an weinende Gitarren Gefallen findet, wird erstaunt sein, dass auch diese sich mit viel Soul drapieren lassen. Beweismittel ist Stück Nummer drei "Golden Days". Bei "Dave's Song" wird mir klar, dass die Referenzen der beiden Musiker nicht nur in der Jetzt-Zeit (Bon Iver, I am Kloot) zu suchen sind, sondern mir auch immer wieder Crowded House auf der einen und Curtis Mayfield auf der anderen Seite in den Sinn kommt - was auch erklärt, weshalb "Light Upon The Lake" irgendwie auch ziemlich Retro klingt.



Das dem Album den Namen gebende Stück "Light Upon The Lake" und das nachfolgende "No Matter Where We Go" sind gute Beispiele dafür, weswegen dieses Debüt trotz seiner gefälligen Lässigkeit vor allem durch seine kleinen Raffinessen verzaubert: Es klingt wie ein alter guter Freund, an dem man doch immer noch ein paar interessante neue Seiten entdeckt und ihn deswegen noch ein Stückchen mehr ins Herz schließt. Verdammt, woran erinnert mich "No Matter Where We Go" nur? Fakt ist Kakacek und Ehrlich sind radikale Romantiker, die ohne das weibliche Geschlecht schlichtweg aufgeschmissen wären!

Ob "Polly" ein Wesen aus Fleisch und Blut ist, das einem der Songwriter das Herz gebrochen hat oder ob es eine Ex-Flamme vom fiktiven Whitney ist, kann ich nicht klären, aber alle Damen mit besagtem Namen werden sich über dieses beschwingte musikalische Manifest zu ihrem Namen bestimmt freuen. Wandert natürlich beim nächsten Update in die Playlist "Say My Name" ;-).



Der Album-Rauswerfer, der eigentlich gar keiner ist - weil man nach einem Durchlauf sicher noch nicht satt ist - nennt sich "Follow", ist so mitreißender Pop, dass ich mir sogar vorstellen kann, dass es WHITNEY vielleicht sogar in die Charts schaffen und dort den Einheitsbrei etwas aufmischen - schön wäre es.

Bleibt noch unbedingt zu erwähnen, dass die Streicher Myra Hinrichs und Macie Stewart  sowie der Mann für die Blasinstrumente, William Miller, einen exzellenten Job abgeliefert haben.

Tracklist:
01 No Woman
02 The Falls
03 Golden Days
04 Dave's Song
05 Light Upon the Lake
06 No Matter Where We Go
07 On My Own
08 Red Moon
09 Polly
10 Follow

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