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Sonntag, 28. Januar 2018

TOCOTRONIC / Die Unendlichkeit [Review]

"Ein bisschen haben wir uns zuletzt sicherlich hinter Manifesten, Theorie-Referenzen und dem Formalismus versteckt", sagt Dirk von Lowtzow. Auf dem zwölften TOCOTRONIC-Album "Die Unendlichkeit" ist in textlicher Hinsicht alles anders, alles neu.


Also was nun? Klartext Oider! Kollegah, hat Herr Lowtzow jetzt bei den so realen deutschen Rappern abgeschrieben oder die so unglaublich gefühlsduseligen Texte von Herrn Forster studiert? War es das mit dem deutschen Sprachwitz, der einst aus der Hamburger Schule entsprungen ist? Wirklich niemals keine Slogans mehr? Kein verstecken hinter Worthecken?

Alles halb so Bourani! So Unheilig ist "Die Unendlichkeit" dann doch nicht geworden, denn im Prinzip ist bereits auf dem roten Vorgängeralbum die biografische Essenz des neuen Album in Songs wie "Jungfernfahrt" und "Ich öffne mich" angelegt.

Jetzt öffnet sich Tocotronic also erstmals wirklich und auf einem kompletten Album! Dirk und seine intellektuelle Bande lassen bei "Die Unendlichkeit" bildlich gesprochen die Kordhosen herunter.



Sie erzählen was war: Die Kindheit so "tapfer und grausam", das einschüchternde "Hey Du"  in hormongesteuerten Pickelface-Zeiten, die Bandgründung im Jahr "1993" und die "Electric Guitar" in postpubertären Zeiten. Das erste Mal in Flammen stehen ("Ich Lebe In Einem Wilden Wirbel"), das erste Mal die Endlichkeit am eigenen Leibe spüren ("Unwiederbringlich"). Seufz.





Sie erzählen was war, was ist und was immer sein wird: Der stetige Kampf mit der Einsamkeit "Bis Uns Das Licht Vertreibt". Der Retter in höchster Not ("Ausgerechnet Du Hast Mich Gerettet"). Der nächste Tag ("Mein Morgen"). Der Tod ("Ich Würd’s Dir Sagen")

und werfen zum Schluss doch noch eimal die Sloganmaschine an:

"ALLES WAS ICH IMMER WOLLTE WAR ALLES"

"Die Unendlichkeit" ist eine Art verspätetes Coming Out über das Leben im allgemeinen und Tocotronic nicht im besonderen. Gefühlig ohne Gefühlsduselei und gleichzeitig eine Zeitreise durch die musikalischen Abbilder der letzten 40 Jahre.

P.S. Auf Vinyl fehlen leider die Songs 13 bis 16, was eigentlich unverständlich ist, denn eigentlich passen sie ganz gut ins Gesamtkonzept des Albums und um Song 14 + 15 ist es besonders schade - beim digitalen Download sind sie allerdings anbei.

Tracklist:
01 Die Unendlichkeit
02 Tapfer Und Grausam
03 Electric Guitar
04 Hey Du
05 Ich Lebe In Einem Wilden Wirbel
06 1993
07 Unwiederbringlich
08 Bis Uns Das Licht Vertreibt
09 Ausgerechnet Du Hast Mich Gerettet
10 Ich Würd’s Dir Sagen
11 Mein Morgen
12 Alles Was Ich Immer Wollte War Alles

13 Schlittenflug
14 Die Verdammten
15 Nineteen Hundred Ninety Three AD
16 Über Mich



1 Kommentar:

  1. Sinnlos, die paar Songs auf zwei LPs zu verteilen. Da die Bonustracks auch fehlen, sehe ich keinen Sinn, dieses Album zu kaufen und diesen Unsinn zu unterstützen.

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